Der Spiegelhof: Eine spektakuläre Grabung im Kulturerbejahr 2018

Spiegelhof, Februar 2018

Basel, 1100 n. Chr. - Ein frühes Handwerkerviertel

Die Archäologische Bodenforschung führt seit Januar 2018 ein aussergewöhnliches Grabungsprojekt im Spiegelhof durch.

Warum graben wir?

Wegen des Umbaus des Spiegelhofs sind während den nächsten Monaten umfangreiche Rettungsgrabungen erforderlich. Unter dem Gebäude liegen bis zu 1,5 Meter archäologische Schichten, die bis in die römische Zeit zurückreichen und durch die Tiefersetzung der Einstellhalle zerstört werden.

Was erwarten wir?

Für den Bau des Spiegelhofs in den Jahren 1937 bis 1939 mussten am Petersberg zahlreiche Häuser weichen. Damit ging ein noch von der spätmittelalterlichen Baustruktur geprägtes Altstadtviertel mit engräumiger Bebauung und verwinkelten Gassen verloren.

Beim Aushub der Baugrube entdeckte man fast 1000 Jahre alte Hausgrundrisse aus Holz, die sich dank einer in Basel seltenen Bodenbeschaffenheit (Feuchtboden) hervorragend erhalten haben. Diese Befunde sind für Basel und die Schweiz einzigartig, aber auch europaweit weitgehend ohne Parallelen. Sie gehören, wie zahlreiche Lederfragmente belegen, zu einem Handwerkerviertel aus der Frühzeit der mittelalterlichen Stadt, in dem vermutlich bereits seit dem 10. Jahrhundert Schuhmacher tätig waren. Das Viertel lag innerhalb der um 1080 durch Bischof Burkhart errichteten Stadtmauer. Unter den mittelalterlichen Holzbauten liegen zudem bis zu einem Meter mächtige spätrömische Schichten.

Beim aktuellen Umbauprojekt im Spiegelhof erwartet die Archäologische Bodenforschung weitere mittelalterliche Hausreste und erneut gut erhaltene Funde aus organischen Materialien wie Holz, Textilien oder Leder. Dank naturwissenschaftlicher Methoden wie der Dendrochronologie, bei der mit Hilfe der Jahrringe das Fälljahr von Bauhölzern datiert wird, und der Archäobiologie lassen sich zudem wichtige Erkenntnisse über die Umwelt- und Klimageschichte gewinnen, die uns einen Einblick in die Lebensumstände im mittelalterlichen und spätantiken Basel ermöglichen.

Wie lange graben wir?

Die Ausgrabungen dauern voraussichtlich bis Ende Dezember 2018.

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Resultate der Ausgrabung:

Basel 1937 n. Chr. - Die Entdeckung

Beim Bau des neuen Verwaltungsgebäudes der Polizei stiess man unerwartet auf Überreste alter Holzbauten. Zwischen 1937 und 1939 wurden diese in zwei Notgrabungen archäologisch untersucht.

Der Petersberg liegt in einem Quellhorizont, der den Boden dauernd feucht hält. Das sind ideale Bedingungen für den Erhalt organischer Materialien wie z. B. Holz, da sich diese aufgrund des Sauerstoffmangels kaum zersetzen.

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Blick auf die Baustelle des Spiegelhofs, rechts im Bild erkennt man das heute noch bestehende Gebäude der Kantonalbank. Foto: Denkmalpflege Basel-Stadt, Foto Wehrli, 1938.

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Dank des dauernd feuchten Bodens haben sich hier am Petersberg wie nirgendwo sonst in Basel organische Materialien wie z.B. Holz besonders gut erhalten. Foto: SGUF A 931.

Dokumentation anno dazumal: rechts des Ausgräbers befinden sich die Pfähle eines hölzernen Zaunes. Zoom

Dokumentation anno dazumal: rechts des Ausgräbers befinden sich die Pfähle eines hölzernen Zaunes. Foto: SGUF A0945.

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Basel 1100 n. Chr. - Ein frühes Handwerkerviertel

Unterhalb der Peterskirche kam 1937 beim Bau des heutigen Spiegelhofs am Petersberg ein ganzes Quartier von Holzhäusern zum Vorschein, die ältesten bekannten hochmittelalterlichen Wohnbauten der Stadt Basel. Mehrere Gebäude, Werkplätze, Feuerstellen, Wege Wasserrinsale und Brunnen liessen sich nachweisen. Dieses frühe Handwerkerviertel wurde im 12. Jahrhundert bodeneben abgebrochen, um neuen Gebäuden Platz zu machen.

Auch bei der aktuellen Ausgrabung konnten Hausgrundrisse aus Holzbalken und Flechtwerk, das einst als Zaun gedient hatte, aufgedeckt werden. Der Bau des Spiegelhofes bildete allerdings eine Wassersperre, wodurch der Boden zunehmend austrocknete. Die organischen Überreste der Siedlung zerfielen dadurch rascher.

Bei der Ausgrabung zwischen 1937 und 1939 wurden zudem über 1000 Lederfragmente geborgen – hauptsächlich Überbleibsel von Schuhen sowie Verschnitte und Lederabfälle von Schuhmacherarbeiten. Auch bei der aktuellen Ausgrabung konnte bereits in der ersten Feuchtbodenschicht ein Lederschuh freigelegt werden.

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In einer tief gelegenen Schicht konnte ein Wasserkanal aufgedeckt werden, bei dem das Holz noch so gut erhalten ist, dass das Fälljahr der Bauhölzer vermutlich bestimmt werden kann.

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Die Balken werden auf der Grabung sorgfältig dokumentiert und später naturwissenschaftlich untersucht, um die Holzart bestimmen zu können.

Nebst mehreren Lederabfällen von Schuhmacherarbeiten konnte bereits in der ersten Feuchtbodenschicht ein Lederschuh freigelegt werden. Zoom

Nebst mehreren Lederabfällen von Schuhmacherarbeiten konnte bereits in der ersten Feuchtbodenschicht ein Lederschuh freigelegt werden.

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Der Lederschuh wird auf der Grabung geborgen.

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Der Fund dieses kleinen Spielzeugritters macht deutlich, dass die Gebäude am Petersberg nicht nur als Werkstätten, sondern auch als Wohnraum dienten.

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Das Erdmaterial, das rund um eine Feuerstelle lag, wurde in einer Schlämmanlage mit Wasser durch unterschiedlich grosse Maschensiebe gespült.

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In den Sieben blieben die festen Bestandteile hängen: nebst vielen Steinchen sind dies z. B. die Knochen von verschiedenen Fischarten, Holunderblütensamen, verkohlte Getreidekörner und Eierschalen. Unter den Fischresten finden sich vor allem einheimische Fische wie Lachs, Forelle und Aal. Aber auch Heringe wurden konsumiert. Die gesalzenen oder geräucherten Meeresfische sind, verpackt in Holzfässern, wohl ab dem Hochmittealter aus dem Norden in die Schweiz importiert worden.

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Basel, 1300 n. Chr. - Der Petersberg

Vom einstigen Glanz des Hauses zum Brunnen – hier trafen sich seit dem 13. Jahrhundert Angehörige der Basler Oberschicht in einer sogenannten Trinkstube – war wenig übrig, als es 1939 dem Bau des Spiegelhofes weichen musste. Es diente, zu einer Zeit als viele ärmere Haushalte noch über kein eigenes Badezimmer verfügten, als öffentliche Badeanstalt.

Bei der aktuellen Ausgrabung konnten die Fundamente des im Mittelalter erstellten
Hauses zum Brunnen aufgedeckt werden.

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Blick auf die spätmittelalterliche Bebauung des Petersbergs. Foto: Denkmalpflege BS.

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Bei der aktuellen Ausgrabung wurden zahlreiche Steinfundamente dieser spätmittelalterlichen Bebauung am Petersberg freigelegt.

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Die Fundamente des Hauses zum Brunnen, in dem sich seit dem 13. Jhd. eine sogenannte Trinkstube für Angehörige der Basler Oberschicht befand.

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Im 19. Jahrhundert, zu einer Zeit als ärmere Haushalte noch über kein eigenes Badezimmer verfügten, diente das Haus zum Brunnen als öffentliche Badeanstalt. Foto: StABS NEG 04953.

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Blick vom Fischmarkt Richtung Peterskirche und Petersberg (rechts). Das Haus zum Brunnen mit dem Treppenturm befindet sich rechts. Foto: Basler Denkmalpflege.

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Die Hausgrundrisse werden detailliert dokumentiert, um möglichst viel über die Entwicklung des mittelalterlichen Handwerkerviertels und seine Bewohnerinnen und Bewohner zu erfahren.

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Die Quellen am Petersberg hielten den Boden dauernd feucht, so dass die Bewohner entlang der Hausfundamente Entwässerungskanäle anlegen mussten. Die Quellen wurden aber auch gefasst, um das Frischwasser – z. B. in Bleiröhren, die mit Tonziegeln ummantelt waren – abzuleiten und zu nutzen.

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Dieser mittelalterliche Kamm aus Knochen diente wohl nicht nur zur täglichen Toilette, sondern auch zum Entfernen von Läusen und Nissen.

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Literatur:

Sven Billo et al.: Der Petersberg - Ein Viertel im Wandel der Zeit. Die Ausgrabungen im kantonalen Verwaltungsgebäude Spiegelhof (UMIS). Im Jahresbericht 2017 der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt, 2018, 79-115.

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