Dokumentation der Münstergrabungen zurück im Kanton-Basel-Stadt

Medienmitteilung vom 5. November 2015

Basel: Fast 50 Jahre dauerten die Streitigkeiten um den Verbleib der Dokumentation der archäologischen Ausgrabungen im Basler Münster, einem Denkmal von nationaler Bedeutung. Der Erfolg des Kantons in einem Rechtsverfahren bewog die „Stiftung für Forschung in Spätantike und Mittelalter – HR. Sennhauser“, das Eigentum des Kantons an der Grabungsdokumentation anzuerkennen.

Prof. Sennhauser und sein Team führten die Ausgrabungen im Münster in den Jahren 1966 und 1973/74 durch. Sie dokumentierten diese sorgfältig, u. a. auf rund 700 Plänen und 8‘000 Bildträgern. Die Dokumentation repräsentiert die heute nicht mehr vorhandene archäologische Originalsubstanz der beiden historisch bedeutenden Vorgängerbauten des Basler Münsters. Der Kanton Basel-Stadt bezahlte allein für die Ausgrabungen von 1973/74 über 700‘000 Franken, was heute teuerungsbereinigt über 2 Mio. Franken entsprechen dürfte. Der kulturelle Wert der Dokumentation ist für die Geschichte des Kantons Basel-Stadt und der gesamten Region von grösster Bedeutung und kann nicht beziffert werden.

Prof. Sennhauser, anerkannter Experte für Kunstgeschichte und Kirchenarchäologie des Mittelalters, kam aufgrund vielfältiger Verpflichtungen nicht dazu, die Auswertung der Grabungsdokumentation abzuschliessen. Seit 1975 führte die Archäologische Bodenforschung deshalb mit ihm einen intensiven Schriftenwechsel über die Herausgabe der Grabungsdokumentation, in dem immer neue Fristen gesetzt wurden, die ungenutzt verstrichen. Im Jahr 2009 errichtete Prof. Sennhauser die „Stiftung für Forschung in Spätantike und Mittelalter – HR. Sennhauser“ und widmete ihr u. a. die Dokumentation der Grabungen im Basler Münster. Er wollte seinen Nachlass so regeln, dass die Dokumentationen der Ausgrabungen, die er in der Schweiz durchführte, im Besitz der Stiftung bleiben.

Das bevorstehende 1000-Jahr-Jubiläum des Heinrichsmünsters – dem direkten Vorgängerbau des Basler Münsters – im Jahr 2019 bietet dem Kanton Basel-Stadt Anlass und Chance, die Dokumentation auszuwerten, um bislang noch unbekannte Abschnitte der Geschichte des Basler Münsters der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Kanton Basel-Stadt, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jörg Sprecher, Luzern, forderte im Herbst 2013 die Stiftung daher auf, die Dokumentation und die Fundstücke herauszugeben. Bei den Fundstücken war der Eigentumsanspruch des Kantons aufgrund von Art. 724 ZGB unbestritten. Der Kanton konnte sie bereits im März 2014 in Zurzach abholen. Hingegen verweigerte die Stiftung die Herausgabe der Dokumentation.

Aus diesem Grund entschied sich der Kanton für ein gerichtliches Vorgehen. Er beantragte beim Bezirksgerichtspräsidium Zurzach die vorsorgliche Hinterlegung der Dokumentation durch die Stiftung bis zur Klärung der Rechtslage. Die Schweizerische Nationalbibliothek in Bern erklärte sich bereit, die Unterlagen für die Dauer eines Hauptprozesses zu verwahren. Mit Entscheid vom 15. Oktober 2014 entsprach der Bezirksgerichtspräsident Zurzach dem Gesuch des Kantons. Am 12. Januar 2015 wurde die komplette Dokumentation von Zurzach nach Bern überführt. Die Forschungsarbeiten wurden durch einen Mitarbeitenden der Archäologischen Bodenforschung umgehend aufgenommen. In der Zwischenzeit hatte die Stiftung den Fall ans Obergericht des Kantons Aargau weitergezogen. Das Obergericht bestätigte indessen am 13. Mai 2015 den Entscheid des Bezirksgerichtspräsidenten Zurzach vollumfänglich. Am 12. Juni 2015 hat der Rechtsvertreter der Stiftung den Eigentumsanspruch des Kantons Basel-Stadt an den hinterlegten Gegenständen anerkannt. Die Dokumentation konnte daher definitiv nach Basel überführt werden. Der Hauptprozess über das Eigentum an der Dokumentation muss nicht geführt werden.

Ungeklärt ist das Schicksal zahlreicher weiterer Dokumentationen archäologischer Ausgrabungen in anderen Kantonen, die sich weiterhin im Besitz der Stiftung für Forschung in Spätantike und Mittelalter – HR. Sennhauser befinden.


Blick Richtung Galluspforte während der Ausgrabung 1966 im Basler Münster. (JPG, 1.2 MB)


Das Langhaus zu Beginn der Ausgrabungsarbeiten 1973 im Basler Münster. (JPG, 4.7 MB)


Auskünfte für Medienschaffende:
Guido Lassau lic.phil./MAS, Kantonsarchäologe, Tel. 061 267 23 55