Ein Pilgermedaillon aus dem Massengrab bei der Kaserne

Bild des Medaillons und Kreuz, die erst bei der Konservierung getrennt werden konnten, da sie zusammenkorrodiert waren.

Das Medaillon der Heiligen Franz Xaver und Johannes Franz Régis kam 2019 in einem Massengrab mit 27 Skeletten zum Vorschein. Es wurde zusammen mit einem Kreuzanhänger im Bereich des nördlichen Anbaus der Kaserne gefunden und gehörte einem Soldaten der alliierten Truppen der Napoleonischen Kriege. Das Massengrab, welches 2019 entdeckt wurde, hängt mit einer historisch belegten Typhusepidemie zusammen, die durch Soldaten ausgelöst worden war.

Am 21. Dezember 1813 marschierten im Krieg gegen Napoleon 80‘000 Soldaten der alliierten Truppen über die Rheinbrücke (heute Mittlere Brücke) von Basel. 32‘000 Soldaten der russisch-preussischen Garden und die österreichische Reservedivision des Generals Trautenberg waren in Basel und Umgebung von Dezember 1813 bis Juni 1814 einquartiert. Sie schleppten den sogenannten «Flecktyphus» in die Stadt ein und lösten damit gegen Ende des Krieges im Oberrheingebiet eine Epidemie aus. Alleine in der Stadt Basel fielen dieser Seuche im Jahr 1814 über 800 der ca. 17‘000 Einwohner zum Opfer.

In jener Zeit befand sich auf dem Areal des ehemaligen Klosters Klingental ein Lazarett, in dem möglicherweise die erkrankten Soldaten behandelt wurden. Viele davon überlebten die Krankheit nicht. Tatsächlich ist aus Schriftquellen ein Notfriedhof bekannt, der 1814 auf dem Kasernenareal entstanden war.

Das Medaillon wurde in der Zeit von 1737 bis 1773 geschaffen und muss damit zum Zeitpunkt der Grablegung bereits mindestens 41 Jahre alt gewesen sein. Es stellt den heiligen Franz Xaver auf seinem Sterbebett auf der Insel Shangchuan Dao im Südchinesischen Meer dar. Der Missionar und Jesuit war 1519 selig- und 1622 heiliggesprochen worden. Er wird unter anderem als Schutzpatron gegen Sturm und Pest angerufen. Süddeutschland war ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein Zentrum der Franz-Xaver-Verehrung. Nach 1773 ging diese aber stark zurück und war am Ende des 18. Jahrhunderts praktisch erloschen. Weshalb der bestattete Soldat aus dem 19. Jahrhundert trotzdem noch an der Verehrung Franz Xavers festhielt, kann nicht mehr beantwortet werden.

Der auf der Rückseite dargestellte Johannes Franz Régis war ebenfalls Schutzpatron gegen die Pest. Ähnlich wie Franz Xaver war auch er ein Jesuit und wurde am 16. Juni 1737 heiliggesprochen.

Bildquellen zeigen, dass religiöse Medaillen im 16. bis 18. Jahrhundert an Halsketten und -bändern getragen wurden. Durch diese Art der Heiligenverehrung erhoffte man sich Unterstützung und Kraft in der Bewältigung aller denkbaren Lebenssituationen.

Details

  • Fundobjekt: Medaillon: Jesuitenorden, Heiligenmedaille (1737–1773). Hersteller und Herstellungsort unbekannt.
    Kreuz: verziert mit einer kleinen Jesusfigur und «INRI-Inschrift» (lat. Abkürzung für «Jesus von Nazareth, König der Juden»). Bestimmung durch Stephen Doswald.
  • Datierung: 1737–1773
  • Fundort: Basel, Kaserne

 

Bild des Medaillons und Kreuz, die erst bei der Konservierung getrennt werden konnten, da sie zusammenkorrodiert waren. Zoom

Medaillon und Kreuz konnten erst bei der Konservierung getrennt werden, da sie zusammenkorrodiert waren.

Bild der Vorderseite des Medaillons. Dargestellt ist der hl. Franz Xaver auf seinem Sterbebett auf der Insel Sangchuan Dao, in seinen über der Brust gekreuzten Händen ein Kruzifix. Zoom

Vorderseite des Medaillons. Dargestellt ist der hl. Franz Xaver auf seinem Sterbebett auf der Insel Sangchuan Dao, in seinen über der Brust gekreuzten Händen ein Kruzifix.

Bild der Rückseite des Medaillons. Dargestellt ist der nach links gewandte hl. Johannes Franz Régis als Brustbild in Talar und Mantel, die Hände sind über der Brust gekreuzt, in der linken Hand hält er ein Kruzifix. Zoom

Rückseite des Medaillons. Dargestellt ist der nach links gewandte hl. Johannes Franz Régis als Brustbild in Talar und Mantel, die Hände sind über der Brust gekreuzt, in der linken Hand hält er ein Kruzifix.