Ein beinerner Spinnwirtel

Zur Bautätigkeit auf dem Münsterhügel in frühmittelalterlicher Zeit (ca. 5. bis 8. Jahrhundert n. Chr.) ist noch wenig bekannt. Die oberirdischen Überreste der damals üblichen Holz- und Fachwerkbauten sind längst vergangen. Nur was in den Boden eingetieft war, hinterliess Spuren, die heute noch lesbar sind: Darum kennen wir aus dieser Epoche vor allem die Gräberfelder gut. Die damals auf dem Münsterhügel ansässige Bevölkerung hatte ihren Friedhof im Bereich der heutigen Aeschenvorstadt. Auf dem Münsterhügel selbst zeugen meist nur Pfostengruben von einstigen Wohn- und Ökonomiegebäuden. Doch ein spezieller Bautyp lässt sich archäologisch gut fassen: die Grubenhäuser. Grubenhäuser sind einräumige, halb in die Erde eingetiefte Bauwerke.
Nach den Funden zu urteilen dienten sie häufig als Webkeller. Bei der Verarbeitung von Flachs zu Textilien ist nämlich eine hohe Luftfeuchtigkeit von Vorteil. Diese wurde durch das Eintiefen des Webraumes in die Erde erreicht.

Bei den aktuell laufenden Untersuchungen im Rahmen der Sanierung der Werkleitungen auf dem Münsterhügel wurden solche Grubenhäuser angetroffen, und auch dieser kleine Spinnwirtel aus Bein (Knochen oder Geweih) kam zum Vorschein. Spinnwirtel dienten seit der Jungsteinzeit als Schwungrad an einer Spindel. Mit einer Spindel spann man vor der Erfindung des Spinnrades Woll- oder Pflanzenfasern zu Fäden zusammen. Die fertigen Fäden wurden anschliessend an einfachen Webstühlen zu Stoffen verarbeitet – meist wohl in Grubenhäusern.

Details

  • Objekt: Spinnwirtel (Durchmesser: ca. 3,6 cm)
  • Datierung: frühmittelalterlich (ca. 6./7. Jahrhundert n. Chr.)
  • Fundort: Münsterplatz

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