Keltengräber auf dem Campus der Novartis

Medienmitteilung vom 2. November 2005

Bei den archäologischen Ausgrabungen auf dem Campus der Novartis kam ein bisher unbekanntes keltisches Gräberfeld ans Tageslicht. Die spektakuläre Entdeckung bringt viele neue Aufschlüsse über ungewöhnliche Bestattungssitten vor über 2000 Jahren.

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Beim Bergen wird die Lage der einzelnen Skelettteile vom Anthropologen genau dokumentiert.

Der «Campus des Wissens» entsteht an einem höchst geschichtsträchtigen Ort: Von 150 bis 80 vor Christus, kurz vor Caesars Feldzügen in Gallien, lag hier eine 150'000 m2 grosse, keltische Siedlung. Ihr städtischer Charakter bewirkte – erstmals in unserer Region – eine Aufteilung in ein durch Handwerk sowie Handel geprägtes Zentrum und ein bäuerliches Umfeld. Zur Siedlung, in der 500 bis 1000 Personen lebten, gehörten auch zwei Gräberfelder. Der zweite Friedhof ist erst kürzlich während den aktuellen Ausgrabungen der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt entdeckt worden. Hier entsteht ab März 2006 ein neues Campus-Gebäude.

Die Verstorbenen wurden nördlich der Siedlung in Erdgräbern beigesetzt. Darunter befinden sich auffällig viele Gräber von Kindern und Säuglingen. In einigen Fällen wurden Gegenstände wie Keramikgefässe, Münzen oder Glasperlen mit ins Grab gegeben. Mehrere der Toten besassen völlig unnatürliche Körperhaltungen. Die Anordnung der Skelettteile in manchen der Gräber deutet auf an den Leichnamen vorgenommene Manipulationen. Bei einem vor wenigen Tagen entdeckten Mädchengrab fanden sich deutliche Hinweise, dass der Toten Hände und Füsse auf dem Rücken zusammengebunden worden waren, bevor man sie in Bauchlage bestattete. Einige Grabgruben waren leer; vielleicht wurden die Toten exhumiert oder es handelt sich um rituell angelegte Gräber ohne Tote.

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Eines der erst kürzlich freigelegten Skelette.

Menschliche Überreste wurden aber nicht nur in den beiden Gräberfeldern gefunden. Auch mitten in der Siedlung kamen einzelne Menschenknochen oder gar ganze Skelette in Gruben oder Gräben zum Vorschein. Im vergangen Sommer wurde in einem Graben ein isolierter Schädel entdeckt. In einem Brunnen wurden gleich mehrere Tote übereinander bestattet: fünf Kinder und Jugendliche sowie drei Erwachsene, darunter eine schwangere Frau. Frühere Ausgräber deuteten diese menschlichen Skelette als Belege für grauenvolle Massaker oder Menschenopfer. Die heutige Forschung sieht darin viel eher Zeugen komplexer Totenrituale der Kelten.

In einer Grube, aufgefüllt mit Siedlungsabfall, entdeckten die Ausgräber bereits 1975 das fast vollständige Skelett einer 18-jährigen Frau. Ihr Schädel war vom Körper im Zustand fortgeschrittener Verwesung entfernt worden. Bei der Toten lagen wertvolle Objekte, wie etwa Weinamphoren aus dem Mittelmeerraum und ein Goldblech. Diesem Befund widmet sich die neuste Publikation der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt. Sie trägt den Titel «Bestattet oder entsorgt?».

Der Archäologin Nathalie Schaer ist es zusammen mit der Archäozoologin Barbara Stopp mit kriminalistischen Spürsinn gelungen, etwas Licht in dieses dunkle Kapitel der keltischen Geschichte zu bringen.

Die Buchvernissage findet am 8. November an der Elsässerstrasse 128-132 um 18 Uhr statt.

Weitere Infos unter: Veranstaltungen

Auskünfte für Medienschaffende:
Guido Lassau lic.phil./MAS, Kantonsarchäologe, Tel. 061 2672355