Archäologische Bodenforschung entdeckt Friedhof beim Messeturm

Beim Bau eines neuen Wohngebäudes mit Gewerbe- und Büroräumlichkeiten hinter dem Messeturm ist man auf Gräber des ehemaligen Rosentalfriedhofs aus der Zeit von 1832–1890 gestossen.

Bei der sofort eingeleiteten Rettungsgrabung haben die Mitarbeitenden der Archäologischen Bodenforschung bereits die Friedhofsmauer, einzelne Gruften sowie 24 Kinder- und 22 Erwachsenengräber entdeckt, wobei in den einzelnen Gräbern jeweils zwei bis drei Bestattete übereinander liegen. Bei den unmittelbar vor dem Abschluss stehenden Ausgrabungen an der Rosentalstrasse wurden bisher über hundert Skelette geborgen. Heute erinnert an den 1890 aufgegebenen Friedhof nur noch die gegenüberliegende Rosentalanlage mit der ehemaligen, nach den Plänen des Basler Architekten Melchior Berri erbauten Abdankungskapelle.

Dank der erhalten gebliebenen Sterberegister und Gräberverzeichnisse wird es möglich sein, einen Teil der geborgenen Skelette namentlich zu identifizieren. Jedes Skelett ist ein Bioarchiv, in dem viele Informationen gespeichert sind. Wissenschaftliche Untersuchungen können daher Hinweise zu den Todes- wie auch Lebensumständen der Verstorbenen erbringen. Das Zusammenspiel der archäologischen, anthropologischen und historischen Quellen wird neue Erkenntnisse zum Leben der Kleinbasler Bevölkerung in der Zeit der Industrialisierung und damit auch neue Grundlagen für Forschungen in der Sozial- und Medizingeschichte ermöglichen.

Der Friedhof „St. Theodor im Rosental“ erstreckte sich im 19. Jahrhundert im Bereich der heutigen Rosentalanlage und des Messegeländes. Hier bestattete von 1832–1890 die Kleinbasler Bevölkerung ihre Toten. Der moderne, parkähnlich angelegte Friedhof wurde 1832 als Ersatz für den überfüllten Kirchhof der Theodorskirche beim Wettsteinplatz eröffnet. Schon wenige Jahre nach der Eröffnung mussten die Behörden feststellen, dass das schnelle Wachstum der Kleinbasler Bevölkerung zu einer Überbelegung des Friedhofs im Rosental führte. Man erweiterte deshalb das Friedhofsgelände in zwei Etappen und verkürzte 1883 die Ruhezeit der Toten. Diese Massnahmen halfen aber nur wenige Jahre. Der Friedhof wurde 1890 geschlossen, da es wegen der stetigen Stadterweiterung keinen Platz mehr für die Toten gab. Die Verstorbenen wurden nun auf dem Friedhof Horburg bestattet, der heute unter dem gleichnamigen Park liegt.

Bereits 1902 wurde ein Teil des Friedhofs mit dem Rosentalschulhaus überbaut. Die Stadt rund um den alten Friedhof entwickelte sich rasant. Auch die Rosentalstrasse, die 1907 ihren offiziellen Namen erhielt, führte mitten durch den stillgelegten Friedhof und verband ab 1913 den neu erbauten Badischen Bahnhof mit dem Stadtzentrum. Für den Bau der Strasse mussten viele Gräber weichen. Ihre Grabsteine wurden zerhauen, um das Strassenbett zu füllen. Bis 1914 waren alle noch vorhandenen Grabsteine abgeräumt. Vom ehemaligen Friedhofsareal blieb nur eine wesentlich kleinere Parkanlage mit Melchior Berris Abdankungskapelle übrig.

Bei der weiteren regen Bautätigkeit im Gebiet um den Messeplatz stiess man immer wieder auf die alten Gräber. Auch 1946, beim Bau der Rosentalhäuser, die nun dem geplanten Neubau weichen mussten, kamen Skelette zum Vorschein. Sie wurden damals jedoch nicht archäologisch untersucht, sondern auf dem Hörnli-Friedhof in einem Gemeinschaftsgrab wiederbestattet. Bei der aktuellen Ausgrabung werden Gräber dieses Friedhofes das erste Mal mit modernen Methoden untersucht.

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